Holger Bohne, ehemals Mercedes Werksfahrer

Rallye Monte Carlo 1980

Holger Bohne ist nach langer, schwerer Krankheit, am 14. April 2022 im Alter von 74 Jahren verstorben.
Beschäftigt man sich mit den W123 und W107 Modellen bei den Rallye-Einsätzen von Mercedes, fällt schon früh der Name Holger Bohne auf.
Bis zu Walter Röhrls legendärer, pessimistischer Einschätzung für die Rallye Monte Carlo 1981, war er mit den großen Autos, bei den schnellen, fahrerisch anspruchsvollen europäischen Rallyes das Maß der Dinge.

Seine Laufbahn als Werksfahrer bei Mercedes begann 1980 mit Einsätzen bei der Rallye Monte Carlo und Läufen zur Deutschen- und Europameisterschaft.
Das Stammwerk in Stuttgart wollte sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht öffentlich zum Motorsport bekennen. Diese Einsätze wurden deshalb offiziell über die Scuderia Kassel, hinter der die Werksniederlassung Kassel stand, gemeldet. Die Autos wurde in der Mercedes Entwicklungs-abteilung gebaut und von Servicecrews aus Stuttgart betreut.

Bereits der erste Einsatz mit Beifahrer Adolf Ahrens auf einem W123 280 CE bei der Rallye Monte Carlo ergab einen 2. Platz unter ca. 180 Serienwagen. In der Folge standen bei der Saarland-Rallye mit dem 280CE der erste Gesamtsieg eines Serienwagens überhaupt bei einem Europameisterschaftslauf an. Viele nationale und internationale Platzierungen mit dem W107 450SLC auf  2. oder 3. Gesamt-Platzen folgten. Mit Recht kann man wohl davon sprechen, dass Holger Bohne bei diesen spektakulären Einsätzen Motorsportgeschichte geschrieben hat. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten selbst viele Insider nicht geglaubt, dass es möglich ist, mit diesen großen und schweren Autos, auch bei den schnellen, fahrerisch anspruchsvollen Rallyes konkurrenzfähig in der Weltspitze mit zu fahren.

Für die Saison 1981 hatte Mercedes-Teamchef Erich Waxenberger dann großes vor. Mit den Fahrern Walter Röhrl, Holger Bohne und Ari Vatanen sollte der 500 SL zum Einsatz kommen. Der SL war mit gut 350 PS stärker, 20 Zentimeter kürzer und leichter als das Fünf-Liter Coupe. Für die Rallye-Weltmeisterschaft ausgerüstet mit einem Hardtop und der neuen Viergang-Automatik.

Die Testfahrten zur Rallye Monte Carlo hatten bereits begonnen. Holger Bohne hatte wieder einmal allen gezeigt, wie man mit diesen Autos sehr schnell sein kann.

Hier kam es dann zu dem legendären Gespräch zwischen Walter Röhrl und einem hochrangigen Mercedes-Vorstandsmitglied. Auf die Frage nach den Erfolgsaussichten bei der Rallye Monte Carlo kam es zu Röhrls pessimistischer Einschätzung der möglichen Platzierungen. Mit seinen, sicherlich unbedachten Äußerungen hat er damit das Ende der Rallye-Sporteinsätzen von Mercedes eingeleitet.

Die Tests wurden sofort gestoppt, der Monte Carlo Einsatz wurde abgesagt und die Rallye-Abteilung abgewickelt.

Holger Bohne, Meilensteine einer Motorsportkarriere

Die Motorsportkarriere von Holger Bohne beginnt 1967
Die ersten Driftversuchen wurden mit Vaters 190er Mercedes Heckflossendiesel unternommen. Als dann auch noch Mutters neuer VW Karmann-Ghia für diese Übungen eingesetzt wurde, bekam Holger sein eigenes Auto: Einen BMW 1800ti.
Bei  Orientierungsfahrten, Slalomveranstaltungen und beim ersten Rundstreckenrennen, dem Flugplatzrennen in Wunstorf, konnten mit diesem Auto die ersten Erfolge verzeichnet werden.
1969 folgt dann ein serienmäßiger BMW 2002, mit dem die ersten größeren 400 km Rallyes gefahren wurden. Bei der Westfalen-Lippe-Fahrt und der AvD Hubertus Rallye Bremen hieß der Gesamtsieger bereits Holger Bohne. Mit der Teilnahme an vielen Rennslalom-Veranstaltungen wurden in diesen Jahren auch die Grundlagen zu seiner exakten und schnellen Fahrweise gelegt. Mit einem ausgeliehenen 180 PS Alpina-Motor konnte die erste sehr gute Platzierung (2. in der Klasse) beim Flugplatzrennen in Faßberg eingefahren werden.

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1969 – 1970  Rundstrecke oder Rallye?
Die Teilnahme beim 6 und 24 Stundenrennen auf dem Nürburgring mit einem NSU TTS und 1970 mit einem BMW Alpina folgten, immer mit guten Platzierungen. Mit einem serienmäßigen 60 PS Opel Kadett 1,1 wurde in diesem Jahr auch die erste Rallye Monte Carlo in Angriff genommen. Immerhin mit dem Endergebnis: Platz 74.

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1971 Die Lehrjahre

Beginnend mit dem aufsehenerregenden Auftritt bei der Rallye Monte Carlo 1971 auf einem serienmäßigen BMW 2002 ti, bis zum Ausfall wegen Elektrikproblemen an 12.ter Stelle in der Gesamtwertung liegend (Klasse u. Gruppe Platz 1), sollten ausgesuchte Läufe zur Europameisterschaft gefahren werden. Unter anderm auch so renommierte Veranstaltungen wie die Rallye Genf oder die Rallye San Marino di Castrozza.

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1974 Der erste Sponsor
Der Unternehmer Hermann Haarman aus Bremen stellt seinen Gr.2 Steinmetz Opel Ascona zur Verfügung und trägt sämtliche Kosten für Auto und Einsätze. Nach mehreren Gesamtsiegen kann von Opel ein Gr.2 Werks-Ascona übernommen werden. Mit seinem 36 Meter Sprung bei der Sachs Rallye Baltic ist er nun in der europäischen Rallye-Elite angekommen.

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1978 Deutsche Meisterschaft mit Ford
Bei der Hunsrück Rallye 1977 ist er, auf einem fast serienmäßigen Porsche 911 Carrera, vor dem amtierenden Weltmeister Ari Vatanen und der gesamten deutschen Rallye-Elite in Führung liegend, nur durch eine gebrochenen Hinterachsschwinge zu stoppen. Nach diesem aufsehenerregenden Auftritt erhält er von Ford Deutschland das Angebot, einen Escort RS 2000 Gr.1 in der Deutschen Meisterschaft zu fahren. Bei einem WM-Lauf zum Ende der Saison, der RAC Rally in England, belegt er einen herausragenden 2. Platz in der Kategorie der Serien-Tourenwagen

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1979 VW-Werksfahrer, ein Traum wird wahr
Zu dieser Zeit war der Rallye-Golf I noch in der Entwicklung. Jede Veranstaltung brachte neue Erkenntnisse und leider auch häufig technische Defekte. Mit Holger Bohne lernte der Golf das Fliegen. Viele Top-Zeiten und Platzierungen waren das Ergebnis.

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1980 Mercedes-Werksfahrer, der Rallyetraum kommt in eine neue Dimension
Das Stuttgarter Werk fragt bei Holger Bohne an, ob er für Mercedes die Rallye Monte Carlo mit einem 280CE fahren würde. Nach dem sensationellen Ergebnis (2. Platz unter ca. 180 Serienwagen) folgen weitere Einsätzen mit dem 280CE und 450SLC bei Läufen zur Deutschen- und Europameisterschaft.

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1981 Privater Einsatz des 500 SL mit Sponsor Reemtsma
Das Training zur Rallye Monte Carlo hatten bereits begonnen. Für die kommenden fünf Jahre lag für Holger Bohne bei Mercedes in Stuttgart ein sehr gut dotierter Werks-Vertrag unterschriftsreif bereit.
Dann kam es, nach Walter Röhrls fataler Aussage, zum unmittelbaren Rückzug des Werkes vom Rallyesport. Holger Bohne stellte man für das Jahr 1981 noch eines der für die Rallye Monte Carlo 81 geplanten Einsatzautos zur Verfügung.
Der 500 SL wurde privat eingesetzt und von Sponsor Reemtsma finanziert.

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1985 Holger Bohne bringt den Mercedes 190E 2.3-16 auf die Rallyepiste
Mit Unterstützung des Ulmer Mercedes-Händlers Reinhold Fricker und Hanspeter Brömmer von Mercedes – schon bei den Rallye-Einsätzen des Werkes die rechte Hand von Motorsportchef Erich Waxenberger – wird der 190E entwickelt und schon gleich bei den ersten Rallyes erfolgreich eingesetzt.

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Tour d‘ Europe
3 Gesamtsiege auf 3 verschiedenen Autos bei der legendären Rallye Tour d’Europe sprechen für sich.

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Mit einem Ferrari 308 GTB bei der Deutschland Rallye
Die Rennsportspezialisten von Michelotto aus Padua entwickelten im Auftrag von Ferrari, auf Basis des 308 GTB ein Gruppe 4 Rallye-Fahrzeug. Insgesamt wurden nur 11 Fahrzeuge gebaut. Sie sind heute fast unbezahlbare Sammlerobjekte.
Eines dieser Fahrzeuge wurde von Holger Bohne, mit Unterstützung der Firma Auto Becker Düsseldorf und einem Michelotto-Serviceteam aus Italien bei der Deutschland Rallye eingesetzt.

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Ergebnislisten auf:
www.ewrc-results.com/profile/12593-holger-bohne/

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